Zuvor gehen wir ins nahegelegene Einkaufszentrum. Wir genießen das letzte spanische Frühstück mit Toast, Olivenöl und Tomatenpürree. Und bummeln durch die Geschäfte – nichts Neues unter der ☀️. Nach der Pilgerreise habe ich keinen Kaufdrang etwas zu kaufen. Je mehr man kauft und hat, desto mehr muss man tragen. Das gilt auch im übertragenen Sinne.
Mein gestriger Übermut wurde belohnt. Ich hatte den ganzen Tag keine Schmerztablette genommen. Um Mitternacht, kurz vorm Einschlafen, muss ich doch eine nehmen, weil der wunde Fuß heiß und angeschwollen ist. Mist.
Heute ist wieder alles besser – den Umständen entsprechend. Ich möchte heute tatsächlich nicht laufen.
Das Frühstück in der Stadt kommt mit kleiner Joghurtüberraschung, welche ich verpasst hätte ( und ihr auch), wenn ich in der Herberge geblieben wäre ?
Heute möchten wir nur die Zeit und Sonne genießen. Zwischendrin suchen wir nach Mitbringseln. Nach langem Suchen finde wir etwas für die ganze Familie. Was das ist, kann ich jetzt noch nicht verraten. Auf Empfehlung gehen wir um die Mittagszeit in die Bar „ La Tita“. Dort bekommt man zu jedem Getränk ein Stück Tortilla. Sie war gut, aber ein Getränk hat gereicht.
Auf dem Weg zur Kathedrale begegnen uns die unterschiedlichsten Künstler, unter anderem ein Blues- und Jazzman, der mit schwarzer Maske, roten Lippen und Attrappenzigarette hervorragend spielt. Er ist ein angenehmer uruguayischer Mann, der schon 20 Jahre im gleichen Outfit in Santiago spielt. Damit verdient er seinen Lebensunterhalt.
Damit ich mehr Sehenswürdigkeiten sehen kann als nur humpelnd, nehmen wir eine Bimmelbahn, die uns ungewöhnliche Blicke auf die Stadt bietet.
Abends landen wir beim Italiener, wo Kleingeld in den Ritzen der Steine überall zu sehen ist. Das ist hier üblich und lockt das Glück an. Unser Glück war die deutschsprachige, nette Bedienung. Nachdem wir heute die richtige Bushaltestelle getroffen haben, kommen wir zurück zur Herberge. Dort lassen wir uns eine Geschichte von einem Weltenbummler erzählen, der schon seit seinem 18. Lebensjahr unterwegs ist. Er ist heute 59 Jahre alt. Davon werde ich jetzt träumen….
Das vegane Restaurant EntrePedras kann ich nur empfehlen. Die Speisekarte kann man von oben bis unten mit Genuss essen, aber nicht an einem Abend. Es ist ein entspanntes Gefühl, sich keine Gedanken über versteckte Speckwürfel in einem Gericht zu machen. Die Vorspeisen eignen sich auch als Hauptspeisen und die Nachtischtörtchen gewinnen jeden Wettbewerb.
Als wir zurück in der Herberge sind, fällt mir ein, dass die nicht zusammenklebende Platzwunde am Fuß, keine gute Idee war. Die Nachtapotheke und Katrins Fürsorge retten mich.
Nicht nur deswegen ist heute Ruhetag.
Beim Frühstück reden wir mit Mirjam aus M. Sie erzählt uns viele interessante Geschichten aus ihrer Pilgerreise und ihrem bewegten Leben. Eine davon ist von einer Übernachtung in Kloster, wo ihr die Mönche nicht nur einen Tee ? aus den Klostergartenpflanzen gegen Husten vorbereitet haben, sondern auch über einen Käsekranz, den sie für unterwegs bekommen hat. Sorgfältig im Wachstuch eingewickelt präsentiert sie uns ihn und wir essen ihn alle zusammen. Den Rest bekommen wir geschenkt. Fast die Hälfte. Danke, Mirjam – du hat uns das Mittagessen gerettet ?.
Wir sitzen dann lange Zeit an einer Kirchentreppe und genießen die Sonne. Und fotografieren.
Der Besuch der Kathedrale ist eine reine Enttäuschung – sie ist in der Rekonstruktion. Schade.
Auf dem Platz vor der der Kathedrale läuft den ganzen Tag eine Meisterschaft im Basketball 3 gegen 3 auf einen Korb – eine willkommene Erfrischung des Tages. Es ist spannend zuzusehen, wie die Jugendlichen ihre Sportleidenschaft mit Leib und Seele ausleben. Und fair sind sie auch.
Unterwegs sehen wir eine Hochzeitsgesellschaft, bleiben stehen, freuen uns, wenn die Braut kommt und sind enttäuscht von vielem gesprochenem Wort und keiner Livemusik. Die übergroße Orgel bleibt stumm. Dafür Playback. Wir möchten uns nicht gleich anbieten….
Der Tag geht zu Ende und nach langem hin und her entscheiden wir uns wieder für das vegane Restaurant, wie gestern.
Guten Morgen – wir sind aufgeregt – heute laufen wir 16 km nach Santiago de Compostela – das Ziel aller Pilger.
Aber zuerst erwartet uns ein gemütliches Frühstück in der Herberge inkl. das Teekochen in der Mikrowelle.
Wir machen uns kurz nach 8 Uhr auf den Weg. Heute laufe ich nicht nur ohne Stock, sondern auch ohne Initialschmerztablette. Ein Experiment mit Folgen: meine Laune sinkt auf den Tiefpunkt. Auch weil die Umgebung am Anfang nicht so schön ist, die wir laufen. Aber als mein Auge die Pilgertoilette sieht, hebt sie sich. Als wir am Maisfeld ankommen, in dem eine lebensechte Vogelscheuche ihre Dienste anbietet, frage ich mich, warum ich schlechte Laune habe. Hat schon jemand gesehen, dass Vögel ein Maisfeld bedrohen?
Die wunderschöne Natur im weiteren Verlauf belohnt uns für den Industriellen Anfang. Und da kommen wir schon auf den Kilometer 9,9 ?
Weiterhin begleitet uns die Gruppe von 80 pilgernden Jugendlichen. Sie werden an Schlüsselpunkten mit Essen versorgt. An diesem Punkt befinden wir uns mitten in der Gruppe. Und was passiert? Wir werden mit Orangen mitversorgt. Das gerade von einer Lehrerin, von der ich das nie erwartet hätten – ich dachte, dass sie die ganze Zeit ohne Gefühl pilgert. Ich habe mich in meiner Einschätzung total getäuscht. Das ist eine Lehre, die ich mit nach Hause nehme: Keine Vorurteile bilden.
Als wir schon in einen Vorort von Santiago kommen, setzen wir uns auf eine einladende Bank. Es duftet nach herrlichen Backwaren. Die Bäckerei ist nicht weit. Nach 4 Tagen esse ich ein Vollkornbrot. Eine Wonne. Dabei ist mir aufgefallen, dass unsere Schneidemaschinen beim Bäcker viel weiter entwickelt sind als in Spanien. Und ja, McDonalds gibts hier auch – leider ohne veganen Burger.
Wir sind am Ziel unserer Reise angekommen. Die Kathedrale. Wir freuen uns sehr, dass wir in 4 Tagen 75km gelaufen sind.
Wir würden die Reise jederzeit wieder machen und die Strapazen auf uns nehmen.
Übrigens hat sich mein Engel per Email zurückgemeldet. Enrique lebt in Madrid und wir sind eingeladen, ihn zu besuchen. Ich werde seine Dienste, letzte Woche bei dem Unfall, nie vergessen. Auch danach hat er an mich gedacht und war besorgt, wie er schrieb. Deswegen auch ein Bild von ihm.
Heute Abend gehen wir mit Freunden, die wir unterwegs kennengelernt haben, in ein veganes Restaurant. Jetzt warten wir noch auf den Trockner, um uns frisch anzuziehen.
Der Camino gibt dir was du brauchst. (Camino = der Weg)
Ich habe meine Grenzen wieder gefunden. Dabei haben sich andere Grenzen aufgelöst. Die Zwischenmenschlichen. Wie cool ? ist es mit 20 fremden Leuten den ganzen Abend und die Nacht zu verbringen: sich super freundlich zu begegnen, sich nicht zu stören, jede bietet das Essen dem Anderen an, sich voll zu vertrauen (jeder lässt alles offen liegen), in der gemischten Dusche ? klar zu kommen und sich trotzdem wohl fühlen, Deutsche treffen, kaum Schlafgeräusche wahrnehmen, sich erholen und am Nächsten Morgen gut gelaunt weiterlaufen.
Nach den gestrigen 13 km erwarten uns heute 24 km nach Sigueiro. Am frühen Morgen stärken wir uns mit Banane, Zwiebacks und galizischem ? und Wasser. Der Käse ist eine empfehlenswerte milde Sorte.
Um 7:58 verlassen wir die Herberge. Die Hälfte der Bewohner sind sich weg. Draußen ist einstellig kalt und halbdunkel. Plötzlich hören wir hinter uns ausgelassene spanische Stimmen. Mehrere Schulklassen überholen uns. Wir kommen ins Gespräch mit einem Lehrer ??, der besser deutsch als englisch kann. Es sind 14-jährige Teenager und laufen 100 km nach Compostela. 5 Tage eine Klassenfahrt. Sie laufen nach den gestrigen 30 km erstaunlich flott.
Jurastic Horror in der spanischen Pampa.
Heute möchte ich schon ohne den Stock laufen. Mal sehen, ob es geht.
Gegen 14 Uhr während einer Pause auf steinernen Bänken unter einem uralten Baum gesellt sich zu uns eine interessante junge Familie mit zwei Kids – 3 und 0,5 Jahre alt. Sie laufen den Camino mit Kinderwagen und der Weg macht ihnen Spaß. Sie meinten, dass es in den Herbergen nicht immer eine Win-win-Situation ist. Sie sind in Spanien ?? für ein halbes Jahr und genießen die Elternzeit. Inzwischen haben sie drei Monate an einem Ort gewohnt und die spanische Kinderfreundlichkeit erlebt. Wir finden es mutig, fragen nach den Namen der Kids und laufen unter den Ess-Kastanienbäumen weiter. Wir überlegen, wie es schön sein muss, ein halbes Jahr im fremden Land zu leben. Das Leben ist hier weit günstiger als in Deutschland. Ein durchschnittliches Einkommen beträgt 2.000 €, ein Managergehalt 4.000 €. In Deutschland verdienen wir im Schnitt 3.800 €. Geht es uns nicht gut?
Ein längeres Stück laufen wir entlang der Autobahn, aber es stört uns nicht. Bald sind wir auch am Zielort, wo wir gestern eine Unterkunft im Doppelzimmer gebucht haben. Hier ist nämlich keine Herberge, nur Privatunterkünfte. Zuerst aber treffen wir ein paar Leute aus der gestrigen Herberge gemütlich den Tag ausklingen lassen. Wo kommen so viele Bierflaschen her?
Wir sind top müde ? und haben nur Essen und ein Bett vor Augen ?. Leider ist unser Hostel überbucht und wir bekommen deswegen ein kleines Upgrade – zu dem Doppelzimmer ein privates Badezimmer. Was für ein Luxusleben in Sigueiro.
Nach einem opulenten Abendessen treffen wir bei uns in der Hostelküche 3 Portugiesinnen. Beim Gespräch kommt raus, dass eine von ihnen nur 3 kg schweren Rucksack hat. Der Trick: die Klamotten werden nicht gewaschen, sondern weggeschmissen. Auch eine Verwendung von Altkleidern.
Wir haben in Santiago, wohin wir morgen pilgern werden, schon eine Unterkunft für die nächsten drei Nächte gebucht und sind jetzt völlig entspannt.
Wir lieben pilgern, uns und den lieben Gott. Die Reihenfolge kann sich von Gelegenheit zur Gelegenheit ändern.
Wir hatten eine gute, ruhige und erholsame Nacht, ohne Zwischenfälle. Wahrscheinlich auch bedingt durch unseren rechtswidrigen(?) Umbau der Herberge. Aber wir sind hier die ganze Nacht allein.
Es geht weiter aus Sergude nach Bruma. Die Strecke ist mit 16 km ausgezeichnet.
Zum schnellen Energieaufbau pflücke ich ein paar Feigen am Straßenrand. Feigen sind angeblich für den Männer-Zinkhaushalt wichtig. Sie schmecken mir fantastisch.
Knocking on the heavens door.
Diese Pilze kommen mir spanisch vor.
Eine ehemalige Waschstelle. Siehe die kleinen Einkerbungen für die Seife.
Uns wurde am Abend vorher gesagt, dass im nächsten Dorf ein Frühstückscafe ist. In 4 km finden wir tatsächlich ein Café – aber geschlossen. Wir halten später an Straßenrand, trinken Wasser ? und essen Brot ? vom Gestern. Im Straßengraben, wo wir sitzen riecht es intensiv nach Minze und die Hände waschen wir im Tau. Als wir aufstehen wollen, kommt gerade ein Mann und bringt uns frische Feigen. Für uns eine große Sache. Es macht uns dann nichts aus, 300 m zurückzulaufen, weil ich dort mein Stock vergessen habe. Wir taufen den Platz auf MinzeFeigen Platz und stellen fest, dass diese Kombi gut schmecken kann. Ich probiere sie zu Hause.
Wir laufen durch Eukalyptus Wälder (Erkältung hat keine Chance), entlang der Kiwis ?, sehen wunderschöne Blumen und viele ungewöhnliche Sachen wie einen Schleifstein mit manuellem Antrieb, oder zwei übergroßen freilaufenden Hunde im Wald (Hauptsächlich keine Angst ? zeigen).
Eins hat uns keiner gesagt – unterwegs gibt es nichts zum Kaufen. Auch kein Trinkwasser zum Nachfüllen in Sicht. Und es geht nur Berg hoch. Zum Glück ? haben wir die gestrige Schokolade ? aus dem Supermarkt und ein Liter Wasser. Das Wetter spielt mit – es ist bedeckt und wir können trotzdem in T-Shirts laufen. Es ist mild.
Hinweis an Anneke und Beni K.: hier verstehen Kürbiße spanisch.
Endlich kommen wir an. Die Herberge in Bruna ist fast ausgebucht und wir bekommen trotzt der hohen Auslastung 2 Betten nebeneinander zugewiesen. In der oberen Etage. Perfekt.
Ich habe Durst und Hunger – ein Pilger Menü muss her. Im Restaurant spricht die Besitzerin deutsch. Was für ein Luxus ist es, ein vegetarisches Essen auf deutsch zu bestellen.
Danach erleben wir wohl das Highlight des Tages: weil der Ort so abgelegt ist, kommt ein fahrbarer Supermarkt um 16 Uhr vorbei. Aufregung unter den Pilgern steigt. Es kommt ein Kasten-LKW angefahren, innen mit Regalen ausgestattet. Fertig ist der Supermarkt to Go. Klappe auf, Pilger glücklich. Frühstück ist gerettet. Sogar mit Käse.
Um 8:09 brechen wir auf und machen uns auf den Weg – Camino Ingles ist jetzt unser aktueller Pilgerweg. Es ist unglaublich in 30 Minuten nach dem Aufstehen gepackt zu haben und on the road zu sein.
Unterwegs spielen wir “Wimmelbuch” Spiel ‘finde das Jakobswegzeichen’. Katrin führt. Ich verwechsle das Zeichen mit einem Bankautomatenzeichen oder mit Behindertenzeichen. Alles ist blau aus der Ferne betrachtet. Und ich habe nur Lesebrille dabei.
Nach 5.000 Schritten kommt ein verdientes Frühstück. Katrin bestellt es komplett auf spanisch. Ich freue mich auch über Kleinigkeiten riesig. Sie auch.
Wir haben die Idee ? bis 14 Uhr zu laufen. Hauptsächlich nicht übertreiben. Bis wir aber die Stadt A Coruña verlassen ist schon 12 Uhr. Diese Stadt hat mit Vororten mehr als 400.000 Einwohner. Wir machen immer Pausen, um meinen Fuß zu schonen und es geht ihm erstaunlich gut. Unterwegs sehen wir Bäume und Blumen, welche wir nicht kennen. Vielleicht kennt sie jemand…..
Maracuja. Danke an Sabrina S.
Pilger haben grundsätzlich Hunger. Wir sind keine Ausnahme. Nächstes Restaurant durfte für uns ein vegetarisches Menü kreieren. Die Küche war erstaunlich flexibel, weil hier in Spanien Fleischgerichte eine Monopolstellung auf den Speisekarten haben.
In naheliegendem Supermarkt kaufen wir Schokolade, Radler, Wasser und Pecanbrötchen. Kennt jemand Pecanbrötchen? Wir kannten sie vor der Pilgerreise auch nicht: weicher Blätterteig, süß, mit Pecannüßen bestreut. Ich werde ein Foto bei Gelegenheit zeigen. Heute hatten diese Brötchen eine extrem kurze Mindesthaltbarkeit und mussten sofort gegessen werden.
An einem Kreisel finden wir ein Straßenschild und denken, warum es aus dem Kreisel zeigt. Dem Namen nach (Culleredo erinnert uns an etwas Rundes) sollte es zum Kreisel zeigen, oder?
Wir sind verrückt geworden – nach dem Motto nicht übertreiben gehen wir immer weiter. Bis zur nächsten Herberge.
In der Herberge sind wir allein. Sie ist neu, modern und einladend. Duschen, draußen auf der Terrasse in der Sonne Kleinigkeit essen, nächstgelegene Dorfbar besuchen, Real Madrid dort in TV sehen und später mit der Herbergmutter reden – das war das Abendprogramm.
Wir werden unsere Pilgerreise fortsetzen – und nehmen jetzt die englische Variante vom Meer nach Compostela. Die Entscheidung steht und wir treffen gleich erste Vorbereitung. Nach einem Frühstück waschen wir gleich alles durch und kaufen einen Antishock-Laufstock. Ich kann ganzen Tag den Laufgang mit dem Stock üben. Es ist die höchste Kunst ? ihn nicht in einem Café zu vergessen. Wir möchten noch zur Touriinfo gehen. Dort ist erst ab 16 Uhr offen. Es ist 15:20. was machen mit der Wartezeit? Wir setzen uns in eine Stadtbus und lassen uns durch die Straßen fahren. Am Strand machen wir eine Pause, werfen Schatten und lassen die Sonne ? uns anlächeln.
Ich habe noch keine Stadt gesehen, wo so viele Cafés und Apotheken sind. Vielleicht bin ich zum ersten Mal in einer spanischen Stadt ?. Später, in dem Infohäuschen, bekommen wir die Wanderkarte sogar auf deutsch und den ersten Stempel des neuen Weges.
Morgen geht’s wieder los!
Ich freue mich und hoffe und bete, dass mein Fuß es mitmacht.
Ich hätte noch eine kleine Anmerkung zu der geschenkten Wäscheleine. Diese ist eine wahre Hilfe und clevere Erfindung – funktioniert ohne Klammern. Danke Joachim P., ich freue mich jedesmal die Wäsche aufzuhängen. 100 %-tige Weiterempfehlung.
Katrin hat mich mindestens 10x in der Nacht gefragt, ob alles in Ordnung ist. Wer sich sorgt, hat Gefühle. Ich habe es gut ❤️
In der Nacht denke ich nach, warum ist das alles passiert. Es gibt keine logische Erklärung für die Planänderung. Ich bin für die Selbstbestimmung. In den meisten Fällen. Manchmal glaube ich aber auch an einen “höheren” Plan – bei größeren Sachen vielleicht. Aber ist unsere Pilgerreise eine “große” Sache? Wahrscheinlich ja, sonst wäre keine unerklärliche Planänderung aufgetreten und kein Hilfsengel zur Stelle.
Katrins Augen gehen auf und gleichzeitig beginnt ihr Mund zu sprechen. Guten Morgen – der Tag beginnt.
Was nicht unerwähnt bleiben soll ist das spanische Frühstück. Immer dabei ist der Kaffee und ein Gebäckstück oder ein getoastetes Stück Brot ?. Als Zugabe bekommt man Marmelade oder kleingehackte ? ? mit Öl. Ich bin schon mit einem Tee im Vergleich exotisch, geschweige von dem Wunsch nach der Sojamilch in den Kaffee ☕️ und Tee. Aber die Spanier sind auf uns erstaunlich gut vorbereitet und wir genießen the local food.
Wir kaufen beim verregneten Sonntag in der Apotheke Klammerpflaster für meine Wunde und dadurch wird die Druckfläche im Schuh ? minimiert. Eine echt praktische Erfindung. Wir fragen uns warum die Apotheken am Sonntag offen haben. Unsere Antwort aus der kaufmännischen Sicht: es wird hier heute ein Triathlon ausgetragen.
Unterwegs in der Stadt besuche ich einige prächtige Kirchen ⛪️ und stellen fest, dass von Einer ein Abzweig des Jakobswegs beginnt. Ist es nicht ein Zeichen weiter zu machen? Wenn ich überlege, dass ich humpelnd am Tag 10 km in der Stadt laufe, wäre es wohl machbar. Den Rucksack wäre dann on top. Ich denke darüber nach und Katrin plant schon – unverbindlich natürlich ?.
Das Jakobswegzeichen ist für uns schon da.
Wir setzendes uns in ein Café und essen zur Feier des Tages etwas Rundes und Süßes. Eine Straßensängerin rundet die gemütliche Atmosphäre ab. Im Moment regnet es nicht.
Am späten Nachmittag möchten wir den Herkulesturm besuchen – den einzigen römischen Leuchturm der Welt, der noch funktionsfähig ist. Warum fängt es gerade dann zu regnen, wenn wir loslaufen möchten? Aber wir sind nicht aus dem Zucker und das Bild füge ich aus dem Prospekt ein. Pablo Picasso, der einen Teil seiner Kindheit in A Coruña verbrachte, hat den Turm mehrmals gemalt. Als ein Kind hat er ihn gern als Turm aus Karamell genannt.
Unterwegs begegnen uns ein paar ungewöhnliche “Sachen”:
Am Ende des Tages können wir in “Wok King” auf deutsch bestellen. Zwei Chinesen aus Wien haben sich in diese Stadt verirrt ? Es hat um so besser geschmeckt.
Es war eine kurze Nacht. Leider muss ich den Pilgerweg abbrechen und einen Plan B verfolgen – zum Meer fahren und sich dort erholen. Klingt gut, oder?
Ich habe zum ersten Mal im Leben die Ambulanz von innen gesehen.
Liege ist leer. Der Transport war im sitzen.
Kurz vor Mitternacht bekomme ich starke Krämpfe in Beinen. Nichts Neues – diese bekomme ich ab und zu auch zu Hause. Ich hatte sie aber diesmal so panisch und unglücklich stillen wollen, dass ich mich dabei am Fußbett ungeschickt verletze. Die tiefe Wunde muss genäht werden.
Der Besuch im monolingualen Krankenhaus in Sarria erinnert mich an den Turm zu Babel. Die Kommunikation läuft über den Google Translator. Aber sie sind Meister in ihrem Fach.
Gestern habe ich berichtet, dass noch eine dritte Person mit uns im Schlafsaal übernachtet und dass sie erst später nach uns kam. Es war ein native speaker Engel. Er ruft die Ambulanz an und sagt ihr, wo sie uns im Nirgendwo finden, spricht mit den Sanitätern und organisiert den Transport. Ich habe mir von ihm seine Mail Adresse geben lassen. Ob in der heutigen Zeit Engel einen Mailserver haben? Ab heute bin ich davon überzeugt.
Die Sanitäter haben uns zur nächsten Herberge in Sarria gebracht. Dort gibt es zwar keine ? ? frei, dafür aber unbequeme aber gepolsterte Stühle um die Ecke. Das sind für die Restnacht unsere Schlafgelegenheiten.
Jetzt fahren wir mit dem Zug zum Meer. Katrin fragt mich, ob ich es so geplant habe.
In A Coruña angekommen läuft Katrin schon zielstrebig zum, im Zug, ausgesuchten Hotel. Hier brauche ich mir keine Sorgen zu machen, mein persönliches Reisebüro habe ich immer dabei. Und sie macht es nicht nur für uns sehr gern. Eigentlich wollte sie ursprünglich Reiseverkehrskauffrau werden.
Pilgern anders.
Ich humple die meiste Zeit vor ihr und gebe das Tempo vor. Sie sorgt sich sehr um mich. Es stimmt – viel laufen sollte ich nicht – erst vor 11 Stunden wurde mein Fußbett zusammengeflickt. Ich schone mich, aber der Kopf will anders.
Im Hotel angekommen, gibt es nur ein einziges Zimmer verfügbar – leider um eine Kategorie höher angesiedelt als auf dem Bookingportal. Über den Google Translator gibt uns mittlerweile die Chefin zu wissen, dass sie uns mit dem Preis für heute nicht entgegenkommen kann. Katrin zeigt ihr Verhandlungsgeschick. Ich liebe sie in der Aktion zu sehen. Am Ende kostet es für 3 Nächte so viel, wie ursprünglich für 2 verlangt.
Die Frage an meine Kinder beim Mittagstisch wäre: wie viel % haben wir gespart? ?? Die Antwort wäre: Ach Papa, lass uns übers Wochenende mit der Mathe in Ruhe.
Jetzt beginnt der richtige Ruhetag.
Zumindest die Hände ins Wasser tun. Leider kam eine Welle und es waren auch die Füße naß.
Die Wunde darf auf keinen Fall mit Wasser in die Berührung kommen. Das hat der Arzt gesagt.